Konditionierte Entspannung

Wir alle kennen diese Momente: Ein Hundetreffen, ein Wildtier ist in Sicht, Ängste aller Art oder "nur" eine Familienfeier. Was wäre, wenn wir unseren Hund in solchen aufregenden Situationen blitzschnell "beruhigen" könnten? Diese Möglichkeit bietet uns die so genannte konditionierte Entspannung. Es erfordert etwas Zeit und Geduld über ein gezieltes Training, doch es lohnt sich in jedem Fall... und los geht's! 

 

Für das Training wird Folgendes benötigt:

  • eine eigene Decke zu Trainingszwecken
  • ein naturreines ätherisches Öl (z. B. Lavendel oder Melisse)
  • ein selbst gewähltes Entspannungswort bzw. Signalwort (z. B. "easy", "ruhig" oder "slow down")

Und so geht's: Zu Trainingsbeginn verwendet man das Entspannungswort als Signalwort zunächst immer nur zu Hause in einem Moment, wenn der Hund gerade sowieso sehr ruhig und entspannt ist (zum Beispiel in seinem Körbchen, auf der Couch, kurz vor dem Schlafen gehen). Wir legen oder setzen uns zu unserem Vierbeiner und sprechen absichtlich sehr lang gezogen unser Signalwort aus: z. B. "eeeeeeeeeasy". Nach kurzer Zeit können wir gerne das Signalwort wiederholen (auch mehrfach). Dieses Wort sollte ansonsten in unserem Alltag nicht vorkommen. Verknüpfen können wir das Signalwort außerdem mit einer Berührung an einer Körperstelle, an der es unser Hund sehr genießt. Allerdings nur, wenn dein Hund es wirklich mag, ansonsten trainiere bitte ohne Körperkontakt weiter.

 

Als weitere Verknüpfung kannst du dir immer dieselbe Decke oder dasselbe Handtuch zu Hilfe nehmen, welches du ebenfalls daheim in der entspannten Situation dazulegst. Als Unterstützung kannst du ein naturreines ätherisches Öl verwenden (bitte kein synthetischer Duft und kein Parfum), wovon ein einziger Tropfen in einer 100 ml Sprühflasche mit Wasser vermischt wird. Davon wird ein Sprühstoß auf die Unterlage gegeben. Gerade Lavendel oder Melisse haben einen sehr entspannenden Effekt, was wir von der Aromatherapie kennen. Es reicht wirklich eine kleinste Menge aus, da unsere Hunde sehr gut riechen können. Benutze den Duft bitte nur, wenn du ihn selbst magst und dein Tier ihn auch gut findet. 

 

Übe im besten Fall mindestens ein Mal täglich (gerne auch öfters) über mehrere Wochen diese Basisübung der konditionierten Entspannung. Dadurch lernt dein Hund die Verknüpfung zwischen Ruhe und deinem Signalwort, einer Körperberührung, einer bestimmten Decke und vielleicht auch einem Geruch.

 

Wichtig: Das Signalwort dient NICHT als Kommando, es ist vielmehr ein "abholen" aus einem stressigen Moment und kann einen reizüberfluteten Hund für die Zukunft wieder ansprechbarer machen. Eine Belohnung in Form von Futter oder Spiel ist dabei nicht notwendig. 

 

Im zweiten Trainingsschritt wird das Signalwort in kleinen Schritten im Alltag ausgebaut. Dazu verwendet man das Signalwort nun auch in weiteren ruhigen Momenten, zum Beispiel: Hund döst, liegt wach da und schaut, steht im Flur, liegt entspannt im Garten oder geht ruhig durchs Haus. Die Decke und der Geruch sind dabei nicht erforderlich. Diese Helfer werden in aufregenden Situationen genutzt, wie beispielsweise im Urlaub, im Auto vor einem Tierarztbesuch oder bei Familienfeiern (vorausgesetzt sie wurden sehr gut über einen längeren Zeitraum konditioniert). Auch können Decke und Geruch vor und nach dem Training eingesetzt werden, um nach Aufregung schneller für Beruhigung zu sorgen.

 

Hat man eine erfolgreiche konditionierte Entspannung aufgebaut, kann das Signalwort zukünftig in stressigen Momenten eingesetzt werden. Auch in Situationen, wenn dein Hund zu aufgeregt ist, um ein Kommando (zum Beispiel "Sitz", "Fuß", "Hier" etc.) auszuführen, kannst du zuerst dein Signalwort für die konditionierte Entspannung geben und es anschließend nochmals mit deinem Kommando versuchen. 

 

Tipp: Eine weitere Idee sind regelmäßige und kurze "Pausen" auf dem Spaziergang, wobei Hund und Mensch einen Moment verweilen. Gerne kann es als Übung gesehen und mit einem Wort verknüpft werden (z. B. "Pause" oder "Rast" mit anschließendem "Weiter"). Auch generell die Geschwindigkeit des Gehens zu verlangsamen kann sehr hilfreich sein, damit unser Hund die vielen Reize aus der Umwelt leichter verarbeiten kann. Das ist vor allem für sehr aufgeregte Hunde wichtig, damit Spaziergänge nicht nur Action bedeuten. Unser Hund wird es uns danken, da er hierdurch besser lernt herunterzufahren und auch wirklich in Ruhe schnüffeln kann (und wir in dieser Zeit noch mehr die Schönheit der Natur genießen können). 

 

Hund und Mensch profitieren von der konditionierten Entspannung und kleinen Pausen in unserem oft viel zu hektischen Alltag. Denn jede gemeinsame Entspannungszeit ist wertvoll, fördert Wohlbefinden und Ausgeglichenheit für alle.